Hund entlaufen - Was tun?

Ein Alptraum! Dein Hund geht jagen oder erschreckt sich und läuft fort. Und nun ist er weg! Was du tun kannst, wenn dein Hund entlaufen ist, erklärt dir Melanie Linnenberger.

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Gerade neu eingetroffene Hunde – insbesondere solche aus dem Tierschutz – sind bitte unbedingt immer in einem Sicherheitsgeschirr zu führen … und das nicht nur für ein paar Tage, sondern über mindestens einen Monat, u.U. auch länger. Hier gilt ohne wenn und aber: Sicherheit zuallererst! Ein wirklich guter Tierschutzverein übergibt den Hund ohnehin nur in einem solchen Geschirr! Hunde in einem völlig neuen Umfeld tendieren oft dazu, an ihren neuen Menschen zu ‘kleben‘, was beim Hundehalter den falschen Eindruck vermittelt, der Hund hätte schon eine starke Bindung aufgebaut und würde von sich aus bei ihm bleiben. Dies ist ein fataler Trugschluss! Der Hund klebt üblicherweise nur deshalb, weil der Mensch in diesem neuen, ihm vollkommen fremden Umfeld der einzige Fixpunkt ist, der ihm Sicherheit vermittelt. Mit jedem Tag, den der Hund im neuen Umfeld an Sicherheit gewinnt, steigt das Risiko, dass er bei der nächsten Gelegenheit (Wildsichtung, Erschrecken bei ungewohnten Geräuschen, …) abhaut.

Warum ein Hund wegläuft

Grundsätzlich aber kann jeder Hund zu jeder Zeit entlaufen. Betroffen sind vor allem jagdlich motivierte oder auch (geräusch-)ängstliche Hunde. Daneben aber auch ältere Hunde, wenn sie erblinden oder das Gehör nachlässt. Speziell die jagdlich motivierten Hunde stellen eine oft unterschätzte Gefahr für sich selbst und ihre Umwelt dar, ganz besonders zur Brut- und Setzzeit. Den Hund hinter Wild her hetzen zu lassen, ist übrigens kein Kavaliersdelikt! Es ist absolut inakzeptabel, auch wenn der Hund angeblich das Wild ‘ja ohnehin nicht erwischt‘. Der Hund braucht das Wild nicht erwischen, um es zu töten! Die meisten Wildtiere werden schlichtweg zu Tode gehetzt, verletzen sich im Zuge der Flucht, Muttertiere erleiden Früh-/Totgeburten usw. Halten Sie Ihren Hund, solange er nicht absolut zuverlässig abrufbar ist, also bitte immer an der (Schlepp-)Leine. Bedenken Sie, dass wir es mit Lebewesen zu tun haben.

Was ist zu tun, wenn der Hund entläuft?

  • Das allerallerwichtigste ist, Ruhe zu bewahren!
  • Nicht aufgeregt rufen oder umherlaufen
  • Am Ort des Entlaufens stehenbleiben, maximal in einem Radius von ca. 100m. Bei Sichtung am besten hinhocken, denn das wirkt weniger bedrohlich auf den Hund als ein stehender, evtl. auch noch mit den Armen rumfuchtelnder Mensch
  • Auf gar keinen Fall (!!!) hinterherlaufen! So jagen Sie den Hund nur vor sich her (wenn auch für den Menschen unverständlich) und treiben ihn im Zweifelsfall immer weiter weg
  • Keine Suchaktionen mit vielen Menschen starten! Sie verschlimmern damit nur die Situation. Der Hund wird durch viele herumlaufende Menschen – die zudem aufgrund ihrer Aufregung viel Adrenalin ausschütten – ständig neu aufgescheucht und verfällt in einen Fluchtmodus
  • Benachrichtigen Sie Polizei, Ordnungsamt, Tasso, ggf. auch Forstamt / Jäger / Jagdpächter
  • Seien sie immer telefonisch erreichbar
    Erstellen Sie Suchplakate mit einem Foto und Angaben zum Hund. Weisen Sie deutlich darauf hin, dass Sichtungen nur an Sie persönlich zu melden sind und dass keinesfalls hinter dem Hund hinterhergerufen oder hinter ihm hergelaufen werden darf
  • Informieren Sie spezielle Gruppen für entlaufene Hunde in den sozialen Netzwerken, z.B. Facebook
  • Beschreiben Sie den Entlaufungsort und eventuelle Sichtungen möglichst genau. Das wird hilfreich sein, um ein Bewegungsmuster des Hundes zu erstellen
  • Richten Sie bitte sofort am Entlaufungsort eine Futterstelle ein. Deponieren Sie dort möglichst hochwertiges Futter wie z.B. Pansen, Gyros, etc.
    Eine gute Futterstelle riecht der Hund bis zu ca. 3 km weit.

Wichtig!

Suchhunde nur einsetzen, wenn der Hund mit Geschirr und Leine entlaufen ist oder nach vier Tagen noch keine Sichtung erfolgt ist. Ansonsten besteht auch hier die Gefahr, dass der entlaufene Hund vom ‘Pettrailer‘ unnötig aufgescheucht und immer weiter weg getrieben wird!

Was können Sie im Vorfeld tun?

  • entlaufen 3Führen Sie den Hund grundsätzlich an der Leine / Schleppleine, besonders, wenn er stark jagdlich motiviert oder ängstlich ist und solange der Abruf nicht absolut zuverlässig funktioniert
  • Machen Sie Abriebe für ein Riechmuster von ihrem Hund, falls einmal Suchhunde eingesetzt werden müssen. So einen Abrieb können Sie z.B. von der Schlafdecke oder dem Halsband / Geschirr nehmen. Benutzen Sie hierzu unbedingt Einweghandschuhe. Reiben Sie mit einer Mullbinde oder einem Papierküchentuch kräftig darüber und geben Sie den Abrieb in eine kleine, gut verschließbare Tüte
  • Erstellen Sie eine Geruchsprobe Ihres Hundes für den Fall der Fälle:
  • Lassen Sie Ihren Hund chippen und registrieren Sie ihn unbedingt bei Tasso und / oder anderen entsprechenden Diensten. Achtung: Die Übernahme eines bereits gechipten Hundes bedeutet nicht, dass dieser schon registriert ist. Registrieren Sie ihn unbedingt selbst noch einmal oder stellen Sie sicher, dass bei den entsprechenden Diensten die neuen Halterdaten registriert sind
  • Statten Sie Ihren Hund mit einem GPS- Tracker aus. Das kann kostbare Zeit bei der Suche einsparen

Wie ich zur Sicherung entlaufener Hunde kam

Im Februar 2018 fing alles an. Ich bekam einen Anruf vom Vorstand des Tierschutzvereines, bei dem ich Mitglied bin. Ein frisch vermittelter Hund war entlaufen und ich wurde nun gefragt “Kann dein Hund einen entlaufenen Hund suchen?“
Okay, wir machten damals zwar Mantrailing, aber Pettrailing hatte ich noch nicht gemacht. Doch ich wollte es versuchen.
Ich erhielt die wesentlichen Daten, setzte meinen Hund an und siehe da, er folgte der Spur.
Doch was wäre zu tun, wenn mein Hund den entlaufenen Hund tatsächlich aufspürte? Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht viel darüber.
Ich machte mich im Netz schlau und kontaktierte natürlich auch TrainerkollegInnen. Wir suchten zusammen einen erfahrenen Menschen, der mit dem Thema vertraut war und möglichst Profi in der Thematik wäre.

  • Wir wurden fündig, ich telefonierte viel mit ihm während der Suche:
  • Wie richtet man professionell eine Futterstelle ein?
  • Wie verhalte ich mich?
  • Was muss ich bei meinem suchenden Hund beachten?
  • Wie erstelle ich ein Muster u.v.a.m.

Ich lernte immer mehr darüber. Auch Vereinshunden und deren Adoptanten konnte ich am Telefon helfen.
Ich fing an immer mehr Leuten zu helfen, doch es fehlte mir leider die Ausrüstung, wie Wildkameras, eine Falle etc.
Mein Verein bot mir die Hilfe an eine Spendenaufruf zu machen. Wir taten es und nun besitze ich 2 Wildkameras, eine sehr große Falle und den passenden Anhänger dazu. Zudem wurde ein Chip-Lesegerät gespendet!

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Über den Verein kann man diese Sachen über einen Kautionsvertrag leihen.
Inzwischen habe ich drei Suchen selbständig nur mit den Hundebesitzern erfolgreich beenden können.
Ich war immer selbst mit vor Ort. Auch meine telefonische Betreuung einiger Teams in anderen Städten lief reibungslos und mit Erfolg.

Meine Empfehlung :

Ruhe, Geduld und vor allem eine nur sehr begrenzte Anzahl von Menschen helfen zum Erfolg.